Einführung einer Elementarschadenpflichtversicherung

15.05.2023

Zusammenfassung

  • Die öffentlichen Versicherer teilen die Zielsetzung der Bundesregierung einer deutlichen Steigerung der Versicherungsdichte im Bereich Elementargefahren.
  • Die Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung lehnen die öffent lichen Versicherer ab. Anders als bei der Kfz-Haftpflichtversicherung geht es nicht um die Vermeidung von Schäden Dritter. Daher könnte eine Pflichtversicherung nur in verfassungsrechtlich sehr engen Grenzen als Basisabsicherung gegen existenzbedrohende Schäden mit entsprechend hohen Selbstbehalten eingeführt werden. Diese würde das Samariterdilemma der staatlichen Hilfs- zahlungen an betroffene Immobilienbesitzer nicht auflösen und somit ihre politische Zielsetzung verfehlen. Zudem kann eine Pflichtversicherung nur dann effektiv sein, wenn auch ihre Einhaltung kontrolliert wird. Angesichts von etwa 19 Millionen Wohnimmobilien in Deutschland würde dies aber zu einer Überforderung der Behörden auf kommunaler Ebene führen.
  • Eine Elementarschaden-Pflichtversicherung würde zudem dazu führen, dass der Anreiz zur Schadenprävention auf individueller und kollektiver Ebene deutlich sinken würde. Das wirtschaftliche Risiko würde auf die Versichertengemeinschaft verlagert.
  • Alternativ hat die Versicherungswirtschaft das Modell einer „Versichererpflicht“ mit "Opt-out“-Möglichkeit für die Versicherungsnehmer entwickelt. Diese ist geeignet, eine schnelle und hohe Steigerung der Versicherungsdichte ohne gravierende Grundrechtseingriffe zu bewirken. Wohngebäudeeigentümern würde im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch inklusive des Bausteins Elementargefahren angeboten. Dieser kann jedoch durch expliziten Widerspruch („Opt-out“) abgewählt werden. Bei Bestandskunden würde die Versicherung die Wohngebäudeversicherung automatisch um Elementargefahren erweitern, sofern der Kunde nicht explizit dagegen widerspricht (nahezu 100% der Wohngebäude sind gegen Feuer versichert). Geringere Selbstbehalte als bei der Basisabsicherung einer Pflichtversicherung würden zu einem höheren individuellen Abdeckungsgrad der Versicherten führen. Darüber hinaus würde die oben genannte Kontrollproblematik vermieden, da anstelle der ca. 19 Mio. Wohnimmobilien lediglich die Einhaltung der von den Versicherungsunternehmen zu gewährleistenden Angebotspflicht und Bestandsumstellung kontrolliert werden müsste. Hierbei handelt es sich um eine niedrige dreistellige Anzahl an Unternehmen, die bereits einer sehr effektiven Beauf- sichtigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) unterliegen.
  • Jedwede signifikante Steigerung der Versicherungsdichte müsste von Schadenpräventionsmaßnahmen auf verschiedenen Ebenen flankiert werden. Schadenvermeidung muss Vorrang haben vor finanzieller Schadenregulierung! Erstens kann Versicherungsschutz nicht vor immateriellen Schäden wie Tod, Verletzungen, Traumatisierungen oder dem Verlust persönlicher Erinnerungsstücke schützen. Zweitens haben Präventionsmaßnahmen einen prämienbegrenzenden Effekt und sorgen so dafür, dass Versicherungsschutz erschwinglich bleibt. Drittens sind angesichts des fortschreitenden Klimawandels Präventionsmaßnahmen unabdingbar, um auch zukünftig die Versicherbarkeit von Elementargefahren auf breiter Basis zu gewährleisten. Versicherer sorgen bereits dafür, dass Präventionsmaßnahmen durch Immobilienbesitzer auf individueller Ebene umgesetzt werden. Darüber hinaus sind staatlicherseits kollektive Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen notwendig. Auf Bundesebene umfassen diese etwa einheitliche Regelungen für das Bauen in exponierten Gebieten oder die Einführung eines Naturgefahrenportals. Auf regionaler und lokaler Ebene sind beispielsweise Flächenentsiegelungen, Rückhaltebecken oder bessere Frühwarnsysteme notwendig.
  • Für den Fall eines außergewöhnlichen und noch weit über die Flut im Sommer 2021 hinausgehenden Schadensereignisses müsste der Staat zudem ein Instrument zur Begrenzung des finanziellen Schadens der Versicherungswirtschaft („Stop-loss-Regelung“) einführen. Auch dieses würde zu einer Begrenzung von Prämien führen und dazu beitragen, die zukünftige Versicherbarkeit von Elementargefahren sicherzustellen. Eine staatliche Stop-loss-Haftung würde zudem den Anreiz zur kollektiven Schadenprävention verstärken.

Ansprechpartner

Dr. Christian Schwirten
Leiter der Abteilung
Politische Interessenvertretung

T+49 30 22 605 49-15
Echristian.schwirten@voevers.de

Stefan Opalka
Leiter der Abteilung
Markt- und Produktmanagement HUS

T0211. 4554-477
Estefan.opalka@voevers.de

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Ausführliche Stellungnahme (PDF)

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