Operative Kontrolle von Immobilien als Kapitalanlage in den ESRS

14.10.2024

Stellungnahme des Verbands öffentlicher Versicherer zur IDW Modulverlautbarung ESRS E1-M1 zum Konzept der operativen Kontrolle

Der Verband öffentlicher Versicherer bedankt sich für die Möglichkeit, Stellung zur IDW Modulverlautbarung ESRS E1-M1 zum Konzept der operativen Kontrolle beziehen zu dürfen. Die öffentlichen Versicherer sehen die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und die europäischen Standards der Nachhaltigkeits-berichterstattung (ESRS) vor allem im Licht der Initiative der Europäischen Kommission, die Berichtspflichten für Unternehmen um 25 Prozent zu senken. In diesem Sinne unterstützt der Verband eine Berichterstattung über Nachhaltigkeitspakte, die konsistent über die verschiedenen Regelwerke sowie zahlreichen freiwilligen Initiativen anzuwenden ist.

Die Trennung der eigenen Geschäftsprozesse und Kapitalanlagen ist regulatorisch und ökonomisch sinnvoll sowie flächendeckend etabliert.

Neben der CSRD berichten Versicherer zu Nachhaltigkeit u.a. gemäß EU-Taxonomie-Verordnung, EU-Offenlegungsverordnung sowie im Rahmen von Solvency II. Auf freiwilliger Basis haben sich alle öffentlichen Versicherer den „Principles for Responsible Investment“ (PRI) verpflichtet und beachten Nachhaltigkeitskriterien in der Kapitalanlage. Zudem haben sie sich der Nachhaltigkeitsposition der deutschen Versicherer angeschlossen. All diesen regulatorischen Vorgaben und eigenen Initiativen liegt eine Trennung der drei Bereiche -Eigene Geschäftsprozesse, Kapitalanlage und Versicherungsprodukte - zugrunde, die sich bewährt hat. Der Ansatz, Immobilien der Kapitalanlage in der Berichterstattung und/oder Nachhaltigkeitssteuerung den eigenen Geschäftsprozessen zuzuordnen, steht im Widerspruch zu dieser etablierten Vorgehensweise. Nicht eigengenutzte Immobilien (inkl. Immobiliengesellschaften und -fonds) werden in Versicherungsunternehmen zu Anlagezwecken gehalten und daher sowohl ökonomisch als auch ESG-bezogen im Zuge der Kapitalanlagestrategie gesteuert. Eine singuläre Zuordnung dieser Teile der Kapitalanlage in

die ESRS-Berichterstattung der eigenen Geschäftsprozesse wäre mit unnötigem Zusatzaufwand ohne erkennbaren Mehrwehrt verbunden. Zudem ist zu erwarten, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen der sektorspezifischen Standards für Versicherer bzw. den Kapitalmarkt mit diesen Fragestellungen beschäftigen wird. Einer anstehenden Entscheidung im Rahmen der entsprechenden delegierten Rechtsakte auf EU-Ebene sollte nicht national vorgegriffen werden.

Die operative Kontrolle über fremdgenutzte Immobilien in der Kapitalanlage liegt generell nicht vor.

Der Sachverhalt der operativen Kontrolle über Emissionen, Energieverbrauch oder Umweltverschmutzung ist auch bei zu 100 Prozent selbst verwalteten/finanzierten Immobilien nicht gegeben. Der Eigentümer kann lediglich über die Art der Strom- und Energieversorgung der Allgemeinflächen selbst verfügen. Sowohl bei gewerblichen wie auch bei Wohnimmobilien haben Mieterinnen und Mieter freie Entscheidung über wesentliche operative Tätigkeiten und Beziehungen in Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte:

  • Art der Energieversorgung
    Der Bezug von Strom oder anderen Energieträgern liegt außerhalb der Kontrolle des Eigentümers. So gibt es etwa keinen Einfluss auf die Entscheidung, grünen oder konventionellen Strom zu beziehen. Der Eigentümer hat keine Entscheidungsmacht über die Nutzung zusätzlicher Heiz- oder Klimageräte sowie deren Energieträger.
  • Höhe des Energieverbrauchs
    Im gewerblichen Bereich hängt der Energieverbrauch von der unternehmerischen Tätigkeit der mietenden Partei ab. Der Eigentümer hat beispielsweise keine Kontrolle über die Auslastung eines energieintensiven Produktionsbetriebs. Ebenso stehen die Home-Office-Regelungen eines Bürobetriebs nicht unter der Entscheidungsmacht des Eigentümers. Die Höhe des Energieverbrauchs bei Wohnimmobilien hängt maßgeblich vom Verhalten der Mietparteien ab, wie etwa vom Heizverhalten.
  • Energieeffizienz und energetische Sanierung
    Wesentliche Entscheidungen mit Einfluss auf Energieverbrauch und Emissionen obliegen den Mieterinnen und Mietern, wie etwa der Einsatz von herkömmlichen Leuchtmitteln oder effizienten LEDs. Energetische Sanierungen der Innenbereiche hängen im Regelfall von den Mieterinnen und Mietern ab.
  • Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung
    Auch im Bereich des ESRS E2 zu Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung ist die operative Kontrolle des Eigentümers nicht gegeben. So hängt das Ausmaß der Schadstoffe eines Betriebs im gewerblichen Bereich ausschließlich von den Produktionsprozessen ab. Der Eigentümer hat etwa keinen Einfluss, ob ein produzierendes Unternehmen umweltfreundliche oder konventionelle Technologien einsetzt.

Zusätzlich stellt es eine enorme rechtliche und praktische Herausforderung dar, die benötigten Informationen des Energieverbrauchs (insbesondere Strom) der Mieterinnen und

Mieter zu erlangen. Der Eigentümer hat bei einer Weigerung zur Übermittlung der relevanten Informationen keine rechtliche Handhabe.

Fremdgenutzte Immobilien in der Kapitalanlage unterliegen unter Würdigung dieser Punkte generell keiner operativen Kontrolle, sind nicht dem eigenen Geschäftsbetrieb zuzuordnen und sollen in der CO2-Bilanz in Kategorie 15 (Investments) ausgewiesen werden.

Änderungs- und Ergänzungsvorschlag

In Hinblick auf die Eigenschaften von fremdgenutzten Immobilien in der Kapitalanlage schlägt der Verband daher folgende konkrete Ergänzung eines Absatzes 8.3 im Anschluss an die beiden Sichtweisen in 8.1 und 8.2 vor:

8.3 Übergreifende Sichtweise
Unabhängig von Sichtweise 1 oder 2 ist für fremdgenutzte Immobilien, die als Kapitalanlage gehalten werden, generell von keiner operativen Kontrolle auszugehen. Insbesondere sind deren Treibhausgasemissionen in die Scope-3-THG-Bruttoemissionen einzubeziehen.

Sofern erforderlich können die Argumentationen zur nicht-vorliegenden operativen Kontrolle sowie zur regulatorisch und ökonomisch etablierten Trennung von Kapitalanlagen und eigenen Geschäftsprozessen in die Würdigungen in den Absätzen zuvor aufgenommen werden.

Die öffentlichen Versicherer freuen sich auf den weiteren Austausch zur Umsetzung der CSRD und stehen bei Fragen gerne zur Verfügung.

Ansprechpartner

Dr. Wolfgang Eichert
Leiter des EU-Verbindungsbüros

T+32 476 830972
Ewolfgang.eichert@voevers.de

Dr. Christian Schwirten
Leiter der Abteilung Politische
Interessenvertretung

T+49 30 22 605 49-22
Echristian.schwirten@voevers.de

Download

Stellungnahme des Verbands öffentlicher Versicherer zur IDW Modulverlautbarung ESRS E1-M1 zum Konzept der operativen Kontrolle (PDF)

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