EIOPA Diskussionspapier

28.02.2023

Der VöV begrüßt EIOPAs Diskussionspapier zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Nachhaltigkeitsrisiken und nimmt gerne Stellung dazu. Als zweitstärkste Gruppe im deutschen Erstversicherungsmarkt mit einer starken regionalen Präsenz unterstützen die öffentlichen Versicherer das Ziel einer nachhaltigeren Wirtschaft. Alle öffentlichen Versicherer sind Unterzeichner der Principles for Responsible Investment (PRI) und richten sich bei ihren Anlageentscheidungen nach ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien. Mehr als die Hälfte der öffentlichen Versicherer sind außerdem Mitglieder der Net-Zero-Asset Owner Alliance (NZAOA) und alle haben sich der ambitionierten Nachhaltigkeitspositionierung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) angeschlossen.

Risiko- und evidenzbasierter Ansatz
Der VöV unterstützt einen risiko- und evidenzbasierten Ansatz zu aufsichtlichen Behandlung von Nachhaltigkeitsaspekten. Die öffentlichen Versicherer haben wiederholt darauf hingewiesen, dass Kapitalanforderungen grundsätzlich risikobasiert sein müssen. Die Einführung eines "green supporting factor", der die Kapitalanforderungen für ökologisch nachhaltige Anlagen senkt, wird in Debatten zu Sustainable Finance immer wieder vorgeschlagen. Der VöV lehnt diesen Vorschlag ausdrücklich ab. Kapitalanforderungen dienen der Stärkung der Finanzstabilität und orientieren sich an den Risiken einer Anlage. Die Einstufung einer Anlage als ökologisch nachhaltig sagt über die Risiken eines entsprechenden Projektes nichts aus. Aus derselben Logik lehnen die öffentlichen Versicherer auch erhöhte Kapitalanforderungen für wirtschaftliche Aktivitäten ab, die als nicht ökologisch nachhaltig eingestuft werden ("brown penalizing factor"). Es gibt keine Evidenz, dass die langfristigen Transitionsrisiken mit den kurzfristigen Marktrisiken zusammenhängen, wie unter Solvency II angenommen wird.

Transparenz und Anreize zur Transformation
Auf der Anlageseite ist es sinnvoller, einen langfristigen Ausstieg aus kohlenstoffintensiven Industrien zu fördern. Bereits bestehende Maßnahmen (insbesondere die Transparenz-Verordnung „SFDR“ und die Nachhaltigkeitsaspekte in der Versicherungsvertriebsrichtlinie „IDD“) sind diesbezüglich ausreichend. Die Transparenz schafft Anreize, langfristig klimaneutral zu werden. Zudem hat sich beispielsweise die deutsche Versicherungswirtschaft durch entsprechende Selbstverpflichtungen bereits ausreichend mit dem Thema auseinandergesetzt, so dass keine zusätzlichen Kontrollmechanismen notwendig sind. Neben den beschriebenen Risikoerwägungen wären erhöhte Kapitalkosten für diese Aktivitäten ein Hindernis bei deren Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft.

Risikomanagement und Daten
Die öffentlichen Versicherer sind ebenfalls der Ansicht, dass Solvency II Nachhaltigkeitsrisiken innerhalb seiner bestehenden Struktur berücksichtigen kann. Sie haben bereits in einem frühen Stadium ihre Expertise zum Thema Nachhaltigkeit in Solvency II eingebracht. Nachhaltigkeitsrisiken sind Teil der bestehenden Risikokategorien und sollten daher mit den vorhandenen Risikomanagement-Instrumenten berücksichtigt werden. Zusätzliche Instrumente sind nicht erforderlich. Die zunehmenden Nachhaltigkeitsrisiken lassen sich daher am besten durch konsequente Anwendung der bestehenden Risikomanagementsysteme bewältigen. Qualitativ hochwertige ESG-Daten sind der Schlüssel zu diesem Vorhaben und der VöV unterstützt die Arbeit von EIOPA und der EU-Kommission zu diesem Thema, insbesondere die Einrichtung des European Single Access Point (ESAP). Dieser soll im Idealfall alle notwendigen Nachhaltigkeitsdaten bereitstellen.

Politische Rahmenbedingungen
Neben den Daten fehlt auch eine ambitionierte CO2-Bepreisung in der Realwirtschaft, um Nachhaltigkeitsrisiken adäquat zu adressieren. Ein signifikanter CO2-Preis für alle Sektoren mit einem klar definierten und transparenten Entwicklungspfad wäre das wirksamste Instrument zur Verringerung von Übergangsrisiken. Politische und regulatorische Unsicherheiten sind die Hauptursache für Übergangsrisiken, und Finanzmarktakteure sowie Regulierungs- und Aufsichtsbehörden sollten sich deshalb nachdrücklich für eine entsprechende CO2-Bepreisung einsetzen.

Klimafolgenanpassung und -prävention
Der VöV unterstützt die derzeit diskutierten Überlegungen zur Klimafolgenanpassung und -prävention. Öffentliche Versicherer, die den höchsten Marktanteil in der Versicherung von Wohngebäuden und damit eine hohe Exponierung gegenüber Naturgefahrenrisiken haben, sind sehr aktiv im Bereich der Präventionsmaßnahmen. Der VöV hält die Prävention von Nachhaltigkeitsrisiken für einen entscheidenden Aspekt. Neben privaten Initiativen von Versicherern und Versicherten (z. B. hochwasser- und starkregenangepasstes Bauen) besteht auch öffentlicher Handlungsbedarf (Deiche, Dämme, Retentionsflächen für den Hochwasserschutz), sowie insbesondere die Verringerung der Versicherungslücke. Je höher der Versicherungsabdeckung für Klimarisiken ist, desto besser verringern präventive Maßnahmen diese Risiken und schützen Menschen und Güter.

Risikobewusstsein und Versicherungslücken
Der Schlüssel zu einer nachhaltigen und stabilen Zeichnungspolitik liegt in der Kombination von Risikotransfer durch Versicherungsschutz einerseits und nachhaltiger Risikoreduktion durch Prävention. Die öffentlichen Versicherer setzen sich aktiv für den Schutz der Bevölkerung ein, indem sie beispielsweise Feuerwehren mit technischen Geräten ausstatten oder sich an der Brandschutzerziehung in Kindergärten und Schulen beteiligen. Sie arbeiten auch regelmäßig gemeinsam für das Gemeinwohl, wie etwa bei der Entwicklung innovativer Techniken zur Schadenverhütung, darunter
z. B. Katastrophenwarnsysteme für die Bevölkerung. Um die klimabezogenen Präventionsmaßnahmen zu verbessern, ist es darüber hinaus notwendig, das Risikobewusstsein der Bevölkerung zu stärken. Eine erhöhte Risikotransparenz und die Sensibilisierung von Eigentümern bisher nicht versicherter Immobilien sind unerlässlich, um Prävention und Anpassung zu stärken und die Versicherungslücke für diese Gefahren zu begrenzen.

Realistische Erwartungen
Die derzeitigen politischen Diskussionen und Initiativen zeigen deutlich, dass von den Versicherern erwartet wird, mit ihrer Zeichnungspolitik dazu beitragen, die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben. In der Debatte drängt der VöV auf realistische Erwartungen an die Rolle der Versicherer, die eher als Unterstützer statt als Treiber des Wandels fungieren können. Insbesondere betonen die öffentlichen Versicherer die Bedeutung des politischen Rahmens, wie etwa die erwähnte CO2-Bespreisung, die notwendig ist, damit die Versicherer ihren optimalen Beitrag leisten können.

Der VöV freut sich auf den Austausch zum Thema nachhaltige Finanzen und steht bei Rückfragen gerne zur Verfügung.

Ansprechpartner

Dr. Wolfgang Eichert
Leiter des EU-Verbindungsbüros
Abteilung Politische Interessenvertretung

T+32 476 830971
Ewolfgang.eichert@voevers.de

Dr. Christian Schwirten
Leiter der Abteilung
Politische Interessenvertretung

T+49 30 22 605 49-15
Echristian.schwirten@voevers.de

Download

Ausführliche Stellungnahme (PDF)

EIOPA discussion paper: Prudential treatment of sustainability risks (PDF)

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